Kooperationsregionen

Eine Region ist das, was sich als solche versteht (Göllner 2008). Einem solchen Regionsverständnis folgend, handelt es sich bei „Region“ um ein Handlungskonzept (Mäding 2012). Dabei entscheiden Akteur*innen selbst über die territorialen Grenzen und definieren Regionen anhand ihrer Beziehungsstrukturen. Entsprechend rücken territoriale Überlegungen und politisch-administrative Grenzen in den Hintergrund, während Beziehungsstrukturen im Sinne eines Akteursnetzwerks formgebend sind (Göllner 2008).

Die Wahl der geeigneten Maßstabsebene orientiert sich an einem Zusammenspiel aus funktionalen (z. B. gemeinsamer Problem- und Potenzialraum), territorialen (z. B. Regionalbewusstsein und regionale Identität) und akteursbezogenen Kriterien (relevante Akteur*innen in der regionalen Partnerschaft). Hinzu kommt ein ausreichender Spielraum für Lösungskompetenzen bzw. Handlungsfähigkeit, um die Themenfelder (z. B. Wirtschaftscluster) angemessen bearbeiten zu können. Weiter erforderlich sind eine kritische Reflektion der Beteiligten sowie konkrete Ressourcen zur Lösungsfindung.

Nach Mäding (2012) liegt die optimale Regionsgröße im Spannungsfeld zwischen größtmöglicher Reichweite (u. a. an Akteur*innen, Finanzmitteln, Standorten) und größtmöglicher Handlungsfähigkeit (u. a. geringes Konfliktpotenzial, hohe zeitliche Effizienz). Je enger die Kooperationen, desto effizienter erweisen sich kleinere Regionszuschnitte, wobei gleichzeitig eine kritische Masse relevanter Akteur*innen erreicht werden sollte. Räumliche Abgrenzungen orientieren sich dabei neben wirtschaftlichen Abwägungen wesentlich an gemeinsamen (gewachsenen) Identitäten. Der Erfolg weicher Handlungsformen ist insbesondere an „ein höheres Maß an regionalem Selbstverständnis (‚Identität‘) und an regionalem, nicht kommunalem ‚Commitment‘“ gebunden (Mäding 2012: 119). Regionale Identitäten können dabei sowohl Voraussetzung als auch Ergebnis regionaler Zusammenarbeit darstellen. Hierbei kann die Profilbildung bis zur Schaffung einer eigenen Dachmarke als Qualitätskennzeichen reichen.

Eine kooperationsbasierende Regionsabgrenzung wird auch unter dem Stichwort Strategische Regionsbildung diskutiert (Mäding 2012). Dabei handelt es sich um Kooperationsregionen, die sich freiwillig auf Initiative lokaler Akteur*innen und aufgrund kollektiver Interessen- oder Problemlagen gegründet haben. Neben inneren starken Netzwerkstrukturen ist die strategische Regionsbildung durch eine Positionierung nach außen gekennzeichnet. Um private und öffentliche Investitionen, qualifizierte Fachkräfte und attraktive Ereignisse (z. B. in Sport und Kultur) anzuziehen bzw. dauerhaft zu binden, werden insbesondere weiche Standortfaktoren (z. B. Unternehmens- sowie Familienfreundlichkeit) kommuniziert.

Im Zusammenhang mit strategischer Regionsbildung steht die Formierung europäischer Metropolregionen im Fokus von Raumordnung und Landesplanung (z. B. Knieling 2009; Förtsch et al. 2015; Ehlert et al. 2019). Die Landschaft strategisch gebildeter Regionen ist hingegen wenig erforscht und gestaltet sich divers und dynamisch. Aktivitäten, Aufgaben, Reichweiten, Akteursstrukturen sowie territoriale Zuschnitte sind regional vielfältig sowie von zeitlichen Veränderungen geprägt.

In Anlehnung an das Vorgehen von Bernat et al. (2009) wurden im Rahmen des Projekts „Strategische Kooperationsregionen in ländlichen Räumen“ landkreisübergreifende Regionen untersucht. Ein Versuch der Erfassung solcher Kooperationsregionen in Deutschland zeigt die folgende Abbildung.

Die Daten basieren auf Internet- und ergänzenden Telefonrecherchen mit den regionalen Planungsgemeinschaften im März/April 2019. Im Ergebnis konnten 62 Kooperationsregionen identifiziert werden, die landkreisübergreifend mit dem Ziel der Stärkung eines gemeinsamen Wirtschaftsraums aktiv sind. Um eher ländliche Regionalzusammenschlüsse zu identifizieren, wurden Kooperationen zwischen einem einzelnen Stadtkreis und seinem Umland explizit nicht berücksichtigt. Weiterhin ausgeschlossen wurden Europäische Metropolregionen, oder auch Regiopolregionen, da diese insbesondere aus Kernstädten und ihren Verflechtungsräumen bestehen.


 

Quellen:

Bernat, E.; Diller, C.; Frank, K.; Hirschfeld, M.; Löb, S.; Mensing, K. & Nischwitz, G. [Hrsg.] (2009): Regionalisierung und Regionsbildung im Norden (Arbeitsmaterial, 347). Hannover: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL). https://shop.arl-net.de/media/direct/pdf/am_347.pdf

Ehlert, A.; Johannes, S. & Wedemeier, J. (2019): Wirtschaft im Umbruch - Region im Wandel: Die Entwicklung der Stadt-Land-Beziehung am Beispiel norddeutscher Metropolregionen, HWWI Policy Paper, 114. Hamburg: Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI).

Förtsch, A.; Kauffmann, A. & Rosenfeld, M.T.W. (2015): Die Institutionalisierung von Metropolregionen: Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg von Städten? – Ein Bericht über das „5th Halle Forum on Urban Economic Growth“, Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Wirtschaft im Wandel, 21(2), 29–30.

Göllner, R.T. (2008): Die Euroregion Donau–Kreisch–Marosch–Theiß. Grenzüberschreitende Netzwerke als regionalpolitische Entwicklungsstrategie im europäischen Kontext. Ungarn Jahrbuch, 29. 319–374. https://epub.uni-regensburg.de/32217/1/goellner_ujb_2008_319-374.pdf

Mäding, H. (2012): Strategische Regionsbildung: ein neuer Ansatz zur Positionierung der Kommunen im Standortwettbewerb. In: Kauffmann, A. & Rosenfeld, M.T.W. (Hrsg.), Städte und Regionen im Standortwettbewerb: neue Tendenzen, Auswirkungen und Folgerungen für die Politik (S. 108-122). Hannover: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL). www.econstor.eu/bitstream/10419/87655/1/77106411X.pdf

Knieling, J. [Hrsg.] (2009): Metropolregionen: Innovation, Wettbewerb, Handlungsfähigkeit. Metropolregionen und Raumentwicklung, Teil 3. Hannover: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL). https://shop.arl-net.de/media/direct/pdf/fus/fus_231.pdf